Christian Berners

Einige kurze Anmerkungen anlässlich der Essay-Sammlung Ibrahim Türkdogans „Der Einzige und das Nichts“

(In: Der Einzige. Nr. 2, 2003, S. 29)

 

Ibrahim Türkdogan scheint zu jenen Wagemutigen zu gehören – wie Anselm Ruest sie beschreibt -, die sich in jenes „Nebelmeer“ hineinwagen, vor dem Kant so warnt und es verwundert nicht, dass sich manch einer diesem klettern und glimmen auf solch absonderlichen Wegen verweigert.

Nun ist es nicht die „mystisch vibrierende, bisweilen arkan raunende Sprache des Autors“, die mir die Mitreise erschwert, wie es an anderer Stelle beklagt wurde. Solche findet man auch bei den Denkern, die „einem Begreifen dessen, was ist,“ dienlicher erscheinen mögen.

Mein Problem mit den Ausführungen liegt vielmehr darin, dass man hier nicht so recht voran zu kommen scheint. Nun mag dem Autor dieses „Greifen, Schweifen und Streifen durch die Lüfte, sein überall und Nirgendwo“ Verführung und Verlockung sein, bei mir hinterlässt es nach wie vor offene Fragen über die mir auch die neue Kompilation, insbesondere das Vorwort keine Klärungen brachte. Der Autor, so erscheint es mir, kommt in seinen Ansätzen über einen gewissen Jargon nicht hinaus und somit verpasst er – meiner Meinung nach - die Gelegenheit eine durchaus progressiv-emanzipatorische Tradition abendländischer Philosophiegeschichte näher zu  durchleuchten [Zur außerabendländischen Mystiktradition kann ich hier nichts sagen, da mir diese fast gänzlich unbekannt ist]. Denn insbesondere die christlich-abendländische Mystik verbirgt in ihren äußerst widersprüchlichen Erscheinungsformen eine extrem subjektivistische und atheistische Konsequenz, die sich bis in die metaphysischen Systeme des Deutschen Idealismus fortlebte und auch in dessen Kritikern junghegelianischer Provenienz, zu denen bekanntlich auch Stirner gehörte, durchaus aufzufinden ist.

Nicht umsonst ist daher dieses Thema beispielsweise auch Thema beim ersten  Individualistenkongress 1921 gewesen, von dem Anselm Ruest in seiner Zeitschrift „Der Einzige“ berichtet, wo über Stirners Einzigen als ein „mystisches“ Buch spekuliert wurde.

Insofern musste mich auch der einleitende Hinweis des Autors, dass nur die eigene Lektüre darüber zu informieren vermag, ob die Essays einen systematischen gedanklichen Zusammenhang bzw. eine Einheit bilden, enttäuschen.

Denn es ist mir auch nach dem lesen dieser neuen Zusammenstellung weiterhin vollkommen unklar, was sich denn nun hinter dem Schlagwort Mystik bei dem Autor verbergen soll. Es bleibt daher zu wünschen übrig, das es ihm diesbezüglich in weiteren Veröffentlichungen zu gelingen vermag diesbezüglich größere Klarheit zu gewinnen, sofern er an einer öffentlichen kritischen Diskussion interessiert ist und sich nicht in einen „mystischen Nebel des Schweigens“ zurückziehen wird.

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