Der Jünger: Woher kommst du?
Das Wilde: Ich komme aus nirgendwo!
Der Jünger: Sage mir, was bist du?
Das Wilde: Ich bin Nicht.
Der Jünger: Was willst du?
Das Wilde: Ich will Nichts.
Der Jünger: Dies ist seltsam; sage mir,
wie heißest du?
Das Wilde: Ich heiße das namenlose
Wilde.
Der Jünger: Du magst wohl das Wilde
heißen, denn deine Worte und Antworten sind gar wild. Nun
antworte mir auch diese Frage: Wo landet deine Weisheit?
Das Wilde: In schrankenloser Freiheit.
Der Jünger:
Sage
mir, was nennst du schrankenlose Freiheit?
Das Wilde: Wenn der Mensch sein Leben
ganz seinen losgebundenen Trieben hingibt, ohne zwischen Ich und
Nicht-Ich zu scheiden und ohne auf ein Vorher oder Nachher zu achten.
Quelle: Heinrich Seuse: Das Büchlein der
Wahrheit. In: Der Dom. Bücher deutscher Mystik. Insel Verlag 1980,
S. 293